Webinar "Töte sich, wer kann? ASCIRS - Erfahrungen nach zwei Jahren Sterbeverfügungsgesetz"


Ein Bericht zum Webinar "Töte sich, wer kann? ASCIRS - Erfahrungen nach zwei Jahren Sterbeverfügungsgesetz" - Organisationsethische Implikationen

Die Österreichischen Palliativgesellschaft veranstaltete am Dienstag, den 16. Jänner 2024 von 17:00 - 19:00 Uhr ein Webinar, im Zuge dessen ein Einblick in die Erfahrungen und ASCIRS-Daten, www.ascirs.at nach zwei Jahren Sterbeverfügungsgesetz gegeben wurde.


Die Plattform ASCIRS ist ein Berichts- und Lernsystem der Österreichischen Palliativgesellschaft, die dazu beitragen soll, mehr über die Praxis der Suizidbeihilfe in Österreich zu erfahren und aus den Beobachtungen und Erfahrungen der Beteiligten zu lernen.

Die mitgeteilten Erfahrungen können zur Entwicklung unterstützender Leitlinien beitragen. Darüber hinaus können die eingereichten Berichte in Zukunft Erkenntnisse und (anonymisierte) Daten für Forschung zum assistierten Suizid bieten.

Beim Blick auf die organisationsethischen Auswirkungen ist wichtig zu beachten, dass Organisationen nicht nur im Sinne von Institutionen, Teams oder Einrichtungen zu sehen sind. Entsprechende Verantwortung im Umgang mit dem assistierten Suizid haben auch die verschiedenen Kammern oder in sonstiger Weise beteiligten Vereinigungen.

Zum Umgang in Organisationen zeigte sich über den zeitlichen Verlauf der ASCIRS-Berichte, dass es eine Verringerung der Forderung nach Leitlinien gab. Dafür kommen unterschiedliche Ursachen in Betracht, beispielsweise der tatsächliche Erlass von Anleitungen, erfolgte Klärungen in einer realen Situation oder eine gewisse Normalisierung in der Auseinandersetzung mit dem Thema „Assistierter Suizid“. Beschriebene Klärungserfordernisse betreffen die Rolle von Palliativteams, die erforderlichen Verständigungen im Anlassfall (auch post mortem) und das Vorgehen im Fall von Komplikationen.

Als besonderes Thema ist die Auseinandersetzung mit dem Sterbeort zu erwähnen, wo sich im Hintergrund die Frage nach „in- oder außerhalb von Institutionen" verbirgt. Die eigene Wohnung kann aus verschiedenen Gründen als problematisch empfunden werden und Ängste, im Bedarfsfall keine Hilfeleistung zu erhalten, können vorliegen.

In einem Bericht wurde erwähnt, dass die betroffene Person gebeten wurde, das Präparat nicht auf der Station einzunehmen und ihr stattdessen gegen einen Kostenbeitrag ein Raum angeboten wurde. Darüber hinaus werden Vorwürfe berichtet, warum eine Aufnahme auf einer Palliativstation zur Durchführung eines assistierten Suizides nicht ermöglicht wurde.

Die emotionalen Facetten im Umgang mit dem assistierten Suizid im beruflichen Kontext spiegeln eine große Bandbreite wider. Die Aussagen gehen von Berichten über Zufriedenheit bis hin zu massiver emotionaler Belastung. Beziehend auf die Schwerpunkte der erwähnten Themen in den ASCIRS-Berichten lassen sich folgende Aspekte der Verantwortung der Organisationen ableiten:

Auffallend viele Berichte handeln von „uninformierten Gegenübern", was zu teils massiven Auswirkungen führte. Daher muss auch künftig ein großes Augenmerk auf der Bildung liegen. Vereinzelt gibt es Forderungen nach konkreten (externen) Ansprechpersonen.

Aus den Berichten jener Personen, welche trotz vorhandener negativer emotionaler Resonanzen eine gute Bewältigung der Situation erlebt haben, können zwei Bedingungen abgeleitet werden: Es geht um die Schaffung von geeigneten Reflexionsräumen, welche mit einer gewissen Regelmäßigkeit deutlich wahrscheinlicher ihren gewünschten Effekt erzielen, und um das Vorhandensein eines gutes Teamgefüges, welches durch Zu(sammen)gehörigkeitsempfinden Stabilität bietet und durch Multiprofessionalität eine große Erleichterung im Umgang mit den verschiedenen Facetten rund um den assistierten Suizid schafft.

Somit stehen jene im beruflichen Kontext Beteiligte aus einem Einzelsetting vor einer besonderen Herausforderung.