Rechtsgrundlagen für Mitarbeiter Mobiler Palliativteams
Hilde Kössler, MSc."24-Stunden-Betreuer können in pflegerische und therapeutische Maßnahmen zur Erhöhung der Lebensqualität des Patienten und zur Notfallplanung miteinbezogen werden."
24-Stunden Betreuer
„24 Stunden Betreuer“ können in pflegerische und therapeutische Maßnahmen zur Erhöhung der Lebensqualität des Patienten und zur Notfallplanung miteinbezogen werden. Zu beachten sind dabei allerdings wesentliche Aspekte der qualitativen und rechtlichen Absicherung für alle Beteiligten.
Eine steigende Zahl von Patienten wird von Personenbetreuern oder Persönlichen Assistenten im häuslichen Umfeld betreut
In den letzten Jahren hat die Zahl der betreuungsbedürftigen Patienten, die zu Hause 24 Stunden täglich von Einzelpersonen betreut werden, ständig zugenommen. Im April 2008 wurde mit Wirksamwerden des Gesundheitsberufe-Rechtsänderungsgesetzes dieser Entwicklung Rechnung getragen. Das Gesetz regelt dabei die juridischen Aspekte der Interaktion von Pflegern und Ärzten mit diesen Personen.
Mitverantwortung von Pflegern und Ärzten
Bei jeder Übertragung von pflegerischen oder ärztlichen/medizinischen Tätigkeiten an einen Personenbetreuer bleibt dem Anordnenden eine Mitverantwortung, die über eine reine Anordnungsverantwortung hinausgeht. Die Interessen des Patienten und seiner Angehörigen müssen ebenso in Erwägung gezogen werden, wie qualitätssichernde Aspekte und die individuellen Fähigkeiten des Personenbetreuers. Gründe für und gegen eine Übertragung der jeweiligen Tätigkeit sind im Vorhinein ausführlich abzuwägen. In der Verantwortung des Personenbetreuers liegt allerdings die sogenannte Einlassungs- oder Übernahmefahrlässigkeit, sollte er den übernommenen Aufgaben nicht gewachsen sein.
Einwilligung des Patienten
Eine Einwilligung des Patienten zur Übertragung pflegerischer oder ärztlicher/medizinischer Dienstleistungen an seinen Personenbetreuer ist mündlich oder schriftlich einzuholen und jedenfalls zu dokumentieren. Die Einwilligung kann durch den Patienten selbst, seinen Vorsorgebevollmächtigten, gesetzlichen Vertreter oder nächste Angehörige erfolgen. Im Fall einer evidenten Einwilligungsunfähigkeit des Patienten ohne gesetzlichen Vertreter kann eine mutmaßliche Einwilligung des Patienten begründet und dokumentiert werden.
Im Palliativbereich ist möglichst frühzeitig ein Zusatz zum Werkvertrag mit dem Personenbetreuer zu empfehlen, in dem der noch einwilligungsfähige Patient bestätigt, mit der Übertragung pflegerischer Tätigkeiten an seinen Personenbetreuer nach den entsprechenden gesetzlichen Regelungen einverstanden zu sein, sofern ihm dies eine Verbleiben in der gewohnten Umgebung möglich macht.
Persönliche Assistenten vs. Personenbetreuer
Patienten, die wie Palliativpatienten nicht nur vorübergehende körperliche Funktionsbeeinträchtigungen haben, können auch von Persönlichen Assistenten betreut werden. Diese müssen im Gegensatz zu Personenbetreuern, die die Durchführung der übertragenen Tätigkeiten dokumentieren und den Angehörigen von Gesundheitsberufen, die den Patienten betreuen, zugänglich zu machen, diese nicht zu dokumentieren. Personenbetreuer und Persönliche Assistenten dürfen auch ohne Anordnung sämtliche pflegerische Tätigkeiten durchführen, sofern nicht Umstände vorliegen, die aus medizinischer Sicht eine Anordnung durch eine diplomierte Pflegekraft erforderlich machen.
Ein Personenbetreuer kann im Einzelfall zum Persönlichen Assistenten werden. Dadurch können ihm weitreichendere medizinische Tätigkeiten als in § 50b. Abs. 2, Z 1. bis 6. ÄrzteG angegeben, übertragen werden.
Pflegerische Tätigkeiten
Neben den Vertragspartnern eines Personenbetreuungsvertrages, Hausärzten und mobilen Diensten sind Angehörige Mobiler Palliativteams für die Feststellung, dass Umstände vorliegen, die aus medizinischer Sicht eine Anordnung durch einen Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege erforderlich machen, verantwortlich.
Es wird empfohlen zu dokumentieren, wenn der Personenbetreuer angibt, die entsprechende Pflegetätigkeit auf Grund seiner Ausbildung, z.B. als diplomierte Pflegekraft, durchführen zu dürfen. Die Kontrolle der entsprechenden Dokumente kann dem Mitglied eines Mobilen Palliativteams nicht zugemutet werden.
Die Kontrolle und Dokumentation der Durchführung einer übertragenen Tätigkeit durch den Personenbetreuer ist sowohl aus gesetzlicher wie aus pflegewissenschaftlicher Sicht durchzuführen.
Ärztliche/medizinische Tätigkeiten
Eine Übertragung ärztlicher Tätigkeiten gemäß § 50b. Abs. 2 Z 1. bis 5. ÄrzteG in Verbindung mit § 15 Abs. 7 GuKG (mitverantwortlicher Bereich) durch diplomiertes Palliativpflegepersonal an Personenbetreuer kann nur nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt statt finden. Eine dahingehende Dokumentation ist zu empfehlen. Ein Muster zur Dokumentation der Einschulung und der laufenden Kontrolle von Tätigkeiten aus dem mitverantwortlichen Bereich nach den entsprechenden gesetzlichen Regelungen findet sich im Anhang.
Die Delegation, Anweisung und Unterweisung von subkutan zu verabreichender Bedarfsmedikation (Notfallplan) durch Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege an Personenbetreuer ist nicht gesetzeskonform. Bei ausreichender Dokumentation ist wegen eines rechtfertigenden Notstands aber mit Straffreiheit zu rechnen.
Der Palliativarzt ist verpflichtet, eine Anordnung für pflegerische Tätigkeiten durch einen Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege zu veranlassen, sobald Umstände vorliegen, die aus medizinischer Sicht für die Durchführung pflegerischer Tätigkeiten eine Anordnung erforderlich machen. Die entsprechende Dokumentation ist zu empfehlen.
Dokumentation für Mobile Palliativteams
Für die Delegation medizinischer Tätigkeiten an Personenbetreuer oder Persönliche Assistenten ist in der Dokumentationsbox auf der rechten Seite eine Musteranordnung nach den rechtlichen Erkenntnissen dieser Arbeit enthalten.
Im freien Bericht des Überträgers der pflegerischen oder ärztlichen Tätigkeit wird vermerkt, dass eine Anordnung an den Personenbetreuer oder Persönlichen Assistenten nach den gesetzlichen Grundlagen statt gefunden hat. Wird ein Formblatt verwendet, hat dies den Vorteil, dass im Falle eines Rechtsstreits selbst dann die übliche Form der Übertragung nachgewiesen werden kann, wenn die originale Anordnung, die ja beim Patienten verbleibt, verloren gegangen ist. In der Folge sind bei allen Visiten kurze Vermerke zur Kontrolle der angeordneten Tätigkeit(en) ratsam. Als Arbeitsbehelf wurde von der Autorin für das Mobile Palliativteam Baden eine Checkliste erstellt, die ebenfalls in der Dokumentationsbox auf der rechten Seite vorgestellt wird.